Tagada Rekommandeure!

Die meisten kennen das Tagada vom Besuch auf dem Rummel, im Wiener Prater, beim Fortgehen, beim Spaß haben! Doch wie sieht es eigentlich am anderen Ende des Mikrofons aus? Wer sind die Menschen dahinter! Wie so oft im Leben ist das gekonnte Betreiben eines Tagada gar nicht so leicht als es am ersten Blick aussieht. Damit die Fahrt auch lustig wird bedarf es nämlich viel Gefühl (um die Zylinder zu bedienen), die richtigen Sprüche zur richtigen Zeit, die richtige Musik (im Idealfall auf das Publikum abgestimmt) und vor allen Dingen das Bewusstsein über die Verantwortung der Fahrgäste! Dazu kommt ein zumeist sehr ungeregeltes Leben, man ist sehr viel unterwegs und oft bleibt die zeit für die Familie bzw. die Freunde auf der Strecke! Und trotz alldem übt diese Tätigkeit auf viele menschen eine gewisse Faszination aus!

Manche sitzen als Chef selber in der Kassa (zumeist bei kleineren Betrieben), mache arbeiten als Angestellter für eine Firma und wieder andere helfen aus Spaß an der Sache öfter einmal ein paar Tage aus! Manche sehen es einfach als Arbeit an um damit ihr Geld zu verdienen, für wieder andere ist der Job eine Berufung! Dazu kommt das man nicht jeden Tag gut gelaunt ist. Oft hat man private Probleme, Stress mit Freunden oder im schlimmsten Fall einen Todesfall im privaten Umfeld! Dann gibt es wieder schöne Tage, man lernt coole und nette Leute kennen! All das gehört zum Alltag eines Rekommandeurs! An dieser Stelle sind nun drei Personen vorgestellt, die schon sehr viel Zeit ihres Lebens hinter dem Mikrofon verbracht haben!


THOMAS (PRATER / FIRMENBESITZER):

Im Wiener Pater ist das Geschäft mit dem Vergnügen ein Knochenjob. Wenn die Sonne neben dem Riesenrad aufgegangen ist, geht Thomas von seiner Wohnung aus rüber zum eigenen Fahrgeschäft, dem Tagada. Das sind nur ein paar Minuten. Er setzt sich in das Fahrerhäuschen neben dem Karussell, auf dem ein Elvis-Sticker klebt. Vor ihm liegt ein Pult mit Knöpfen, Hebeln und Lämpchen, das einen an die Fernsteuerung eines Spielbootes erinnert - und ein langer Arbeitstag, der erst gegen Mitternacht zu Ende sein wird! Im Blaumann kommt sein Bruder Stefan vorbei, er arbeitet heute am Karussell Sombrero, das soll in einer Woche laufen. Sie wechseln sich tageweise ab, hier im Tagada: Thomas wirft das Karussell an, legt eine CD ein, richtet das Mikro in Sprechhöhe. Der kreisende Boden mit einer Sitzbank an der Außenwand beginnt sich zu drehen, immer schneller und schon vom bloßen zischen könnte einem schwindelig werden. Dann hebt und senkt sich der Boden mit pneumatischen Zischen. Schon bald kommen Jugendliche an, es ist Samstag gegen elf Uhr, also keine Schule. Thomas fragt sie jeweils nach ihrem Namen und kassiert.

Es sind die ersten Kandidaten heute im Tagada, die es wie Salatblätter in einer Küchenschleuder an die Außenwand pressen wird. Unter Thomas Spiegelbrille macht sich ein Grinsen breit. "Gaby, du hast das schönste Lächeln, das ich seit langem bei dir gesehen habe", sagt er, obwohl er sie gar nicht kennt. Er ist der größte Charmeur vom Prater, neben seinem Bruder. Zumeist tut er alles, um so zu wirken, wobei ihm seine Elvis-Locke hilft. Thomas und Stefan sind hier aufgewachsen. "Der erste Ausflug aus dem Krankenhaus im Kinderwagen war über die Hauptallee direkt hinein in den Prater. Damit wir uns schon mal an die Lautstärke gewöhnen. So hat es uns unsere Mutter erzählt. Die Familie Sittler arbeitet schon in der dritten Generation im Prater. Vor 100 Jahren fingen sie als Gastwirte an. Sie erlebten den großen Brand, als die SS das Gelände anzündete, und die ersten kleinen Vergnügen nach dem Krieg, als es reichte einen Kübel aufzustellen, in dem man Bälle warf. Heute hat die Familie sieben Fahrgeschäfte, was viel ist für den Prater. Und die Söhne führen die alte Tradition fort, hier zu arbeiten und zu wohnen.

Das Leben im Prater würden die beiden gegen kein anderes eintauschen. Thomas ist Maschinenschlosser, Stefan Elektrotechniker, das können sie hier gebrauchen - auch in dem Fall, dass es mal nicht so laufen sollte mit den Karussells. Doch die Geschäfte gehen gut, vor allem der Tagada, das sie vor acht Jahren gekauft haben. Sie machten aus dem alten Ding die große Attraktion für Jugendliche, machten es schneller und ließen eine neue Kulisse malen. Die Skyline von New York mit Frank Sinatra und Elvis Presley, den man leider nur von hinten sieht. Ein Fehler des Malers, sagen die beiden Elvis-Fans sauer. Ihr Lieblingslied: "In the Ghetto"!

"Manchmal kommen wir zwei drei Monate nicht aus dem Prater raus." Um ein Uhr morgens sperren sie den Tagada. Ihre Freundinnen holen sie ab, oder sie gehen mit dem Vater und den Hunden noch einmal über den Prater, der dann wie ein friedlich schlafendes Tier daliegt. "Nach der lauten Musik braucht man noch eine Weile, bis man ins Bett gehen kann. Und um neun fangen wir dann wieder an." Das geht den ganzen Sommer so. Es ist nicht einfach mit dem Privatleben. "Wir sind den ganzen Tag im Tagada, und jedem zweiten Mädchen hier geben wir das Gefühl, dass es was ganz besonderes ist, in dem man eben ins Mikrofon sagt, sie habe das schönste Lächeln. Was wir hier machen", sagt Stefan, "ist ja das professionelle Anbraten von Girls. "Das ist aber nur ein Grund, warum es nachmittags in und um den Tagada so voll ist. Thomas und Stefan haben über die Jahre einen ganz eigenen Moderationsstil entwickelt. Irgendwann verselbstständigte sich der Tagada, hob vom Rummelplatz ab in eine andere Dimension. Wie ein kleiner, eigener Planet saust es durch den Nachmittag, ein Karussell voll Fantasien und Pop.

Eine Figur verkörpert den Prater und seine Mentalität am besten: der Wurstel - eine Art Kasperl. "Den Wurstel, den kann man nicht erschlagen." So geht ein alter Schlager. Der Prater ist kein Paradies, man muss es sich selbst erarbeiten. Als Thomas und Stefan klein waren und sich Banden von außen in dem Gelände einmischten, kamen sie oft mit blauem Auge nach Hause. Von ihrem Vater, der schon einmal an den olympischen Spielen teilgenommen hat, lernten sie Boxen. Inzwischen sei es viel besser, sagen die beiden, wieder mehr wie eine Familie. Der Prater sei aber nicht der Prater, wenn man ihm zum sauberen Freizeit- und Familienpark machen würde, für den man Eintritt verlangt. Ein Teil von Wiens Innenstadt, sei er, und kein Disneyland. Seit fünf Stunden sitzt Thomas im Fahrerhäuschen des Tagada, umgeben von Musik und schreienden Gästen. Es ist erst drei Uhr nachmittags. Seine Freundin kommt vorbei, doch er will nicht das sie bleibt denn er muss sich auf die Fahrt des Karussells konzentrieren. Nebenan schraubt Stefan am Sombrero. Ihr kleiner Bruder ist wieder einmal an seinem Lieblingsplatz, dem schwarzen Raum im Funhouse, in dem keine Wand gerade ist.

"Das Leben im Prater ist schön", sagt Thomas. Nur manchmal geht es ihm ab, dass er nie wie andere Kinder in diese Traumwelt eintauchen konnte, wenn sie das erste Mal hier waren. Für ihn war es immer Gewohnheit, der Prater. Genau wie durch das Schreien der Menschen aufzuwachen.
 
Thomas

PAULI (PRATER / ALS ANGESTELLTER):

Pauli war einer der auszog, um das Feiern zu lernen. Geboren in Wien, lernte er am Burgtheater den Beruf des Veranstaltungstechnikers und war später in Salzburg als Deejay (speziell auf Hochzeiten) unterwegs. Seine eigentliche Leidenschaft galt aber seit jeher dem Tagada, nämlich dem im Wiener Prater. Bereits als Kind harrte er oft stundenlang davor aus und sah mit strahlenden Augen auf das Karussell, welches von der Familie Sittler so gekonnt betrieben wurde. Nach der Wintersaison 2007 begann Pauli einen Kurs als Tontechniker und sollte dann seine große Chance bekommen: Damals war sein Bruder - ein Polizist - gerade dienstlich im 2. Bezirk tätig und dieser traf zufällig einmal den Thomas Sittler. Die beiden kamen in ein Gespräch und da Thomas den Pauli ja auch bereits kannte, konnte Pauli seinen Traum realisieren und fortan bei der Firma Sittler (Thomas) arbeiten.

Seit 2008 ist Pauli nun bei der Firma Sittler tätig. Am Anfang musste er zwar noch am Flipper, am Rotor oder auch einmal bei der Schießbude arbeiten, kam jedoch dann schlussendlich zum Tagada. Seither betreibt er das Tagada mit viel Engagement und Liebe. Und obwohl er nun schon sehr viele Stunden und Tage hinter dem Steuerpult verbracht hat, tat dies seiner Begeisterung bislang keinen Abbruch. Auch bei den vielen Stammgästen ist er mit seiner humorvollen Art beliebt und stets gerne gesehen. Ihm ist es gelungen, den einzigartigen Stil des Betreibens, welche die Firma Sittler mit der Übernahme des Tagada im Jahr 1994 einführte, beizubehalten und damit ein Stück jüngere Tradition vom Wiener Prater weiterhin am Leben zu erhalten. In diesem Sinne - weiter hin viel Erfolg, Paul!
 
Pauli

WEBBY (PRATER & REISE / AUSHILFE):

Eines gleich vorweg: Webby (Harald) hat nie fix das Tagada im Wiener Prater betrieben. Durch einen Freund und auch durch Zufall kam er als Stammgast 1997 bzw. 1998 zum Tagada im Prater. Zuvor hatte er eigentlich nie etwas mit dem Prater, der Schaustellerei oder dem Tagada zu tun. Speziell im Prater konnte er sich aber von Beginn an für die Materie begeistern und half auch gelegentlich gleich mit (z.B. CDs zusammen stellen, am ersten Mai, Zusperren usw.). Später entstand auch der erste Vorläufer der heutigen Internetseite (also tagada.at) und der erste Chat für Tagada Stammgäste. In diesem Zusammenhang entstand auch der Spitzname "Webby" (eine Abkürzung von Webmaster)!

Später begann Webby auch alle anderen Karussells des Typs Tagada, welche sich in Österreich auf der Reise befinden zu besuchen und zu dokumentieren. Ab dem Jahr 2002 betreibt er selber mit viel Leidenschaft auf der Reise ein Tagada (und als Aushilfe auch andere Geschäfte wie z.B. Outbreak, Break-Dance usw.)! Als Rekommandeur kam er seither durch ganz Österreich, in die Schweiz und auch nach Deutschland. Am häufigsten ist er aber im Bereich Niederösterreich auf diversen Messen, Volksfesten sowie Stadtfesten usw. anzutreffen! In Niederösterreich (Laa) lernte er dabei auch seine zukünftige Freundin kennen. Es folgten schließlich unter dem Logo von tagada.at auch eine Vielzahl an Projekten wie z.B. das Tagada Sound System, eine CD mit eigenen Tagada Tracks usw.!

Übrigens arbeitete Webby niemals hauptberuflich als Schausteller oder Rekommandeur. Vielmehr realisierte er dabei seinen Jugendtraum und fährt seit 2005 als Lokführer Güter- sowie Personenzüge aller Art. Die Tätigkeit als Rekommandeur übte er stets als Zweitberuf aus, was zeitlich nicht immer leicht mit dem Beruf als Lokführer (Dienst auch am Wochenende, in der Nacht) zu vereinbaren war. Jedoch in zwei Punkten haben beide Jobs etwas für ihn gemeinsam, nämlich die Verantwortung über die ihm anvertrauten Personen (bzw. Güter) und nicht zuletzt große Begeisterung über die jeweilige Materie. Somit hatte Webby das große Glück, gleich beide Hobbys zum Beruf zu machen!

Heute sieht man Webby (keiner wird jünger...) nur noch selten im Tagada mitfahren. Das Interesse, die Liebe zur Sache und die Leidenschaft, speziell zum Tagada im Wiener Prater ist jedoch bis zum heutigen Tage geblieben. So oft es die Zeit erlaubt kommt Webby nach wie vor noch zum Tagada im Wiener Prater, macht Bilder für die Webseite, hilft ab und an auch einmal mit oder tauscht sich mit Kollegen aus. Er kam im Laufe der Jahre sehr viel herum und hat viele Karussells vom Typ Tagada in ganz Europa live erlebt, aber keines konnte ihn so überzeugen wie das Tagada im Wiener Prater!
 
Webby!
Veröffentlicht in Default Category am 03. August 2017 - 00:56

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